Stiftungsbericht "leuchte auf" 2014 - page 9

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Er hat schon hinter Türen geschaut, die für andere verschlossen
bleiben. Er hat interessante Arbeitsplätze inspiziert und vielen
Menschen sein Mikrofon unter die Nase gehalten, um sie zu
befragen. Aber sein spannendster Einsatz bisher, das steht für
Abdullah fest, war der Besuch des Dortmunder Flughafens.
Als der BVB dort imHerbst in Richtung Istanbul eingecheckt
hat, war Abdullah dabei. „Das war so cool! Da stand die
Mannschaft ganz nah vor mir. Ich habe Norbert Dickel inter-
viewt und mit dem Piloten des Flugzeugs gesprochen.“ Die
dunklen Augen des Elfjährigen leuchten auf, wenn er davon
erzählt. Abdullah ist in der Dortmunder Nordstadt zu Hause.
Er ist BVB-Fan durch und durch. Und er ist ein Reporter der
„YOUNGSTERS akademie“ amBorsigplatz, die vor zwei Jahren
von der BVB-Stiftung „leuchte auf“ und dem Verein Machbar-
schaft Borsig11 ins Leben gerufen wurde.
„Wir möchten den Kindern die Möglichkeit geben, einen
Blick über ihren Horizont hinaus zu werfen“, sagt Volker
Pohlüke, Vorstand der Machbarschaft Borsig11 und Mit-
begründer der YOUNGSTERS akademie. Das Bildungsprojekt
richtet sich an Kinder, die sozial benachteiligt sind. Als Nach-
wuchsreporter sind sie zu Gast in Firmen und Institutionen,
ummit den Mitarbeitern und Auszubildenden über deren Jobs
zu sprechen. „Unser Ziel ist es, die Kinder spielerisch an für
sie interessante Berufsfelder heranzuführen“, erklärt Pohlüke.
Gleichzeitig könnten so auch mögliche Berührungsängste
seitens der Unternehmen abgebaut werden. „Viele unserer
Kinder haben ja Migrationshintergrund. Da gibt es manchmal
schon noch Vorurteile“, sagt Pohlüke. Aber die YOUNGSTERS
akademie schafft Kontakt. Sie öffnet Türen.
Obwohl erst zwei Jahre alt, ist das außergewöhnliche
Bildungsprojekt den Kinderschuhen längst entwachsen.
„Am Anfang sind wir in die Innenhöfe rund um den Borsig-
platz gegangen, um uns bekannt zu machen“, erinnert sich
Pohlüke. Inzwischen sind 80 Kinder angemeldet und auch
der Radius ist größer geworden. Viele schauen von sich aus
vorbei, weil sie von den YOUNGSTERS gehört haben. So wie
Abdullah. Er hat vor einem Jahr einen Freund begleitet –
und ist geblieben. „Weil es Spaß macht“, sagt der Elfjährige.
„Man bekommt hier niemals Ärger. Die Betreuer sind alle so
nett und ich glaube, dass sie mich mögen.“
Ein Teamaus 20 Ehrenamtlichen – Freiberuflern und Studenten
aus demMedienbereich – unterstützen die YOUNGSTERS-
Reporter. Sie begleiten die wöchentlichen Redaktionstreffen,
helfen bei der Themenfindung und beim Formulieren der
Interview-Fragen. Sie schlüpfen auch in die Rolle des Kamera-
manns und schneiden hinterher die Beiträge. Mindestens
zwei Videos entstehen so pro Monat. Die Clips werden auf
der Homepage der Machbarschaft Borsig11 veröffentlicht.
Eine schriftliche Version erscheint im 60 Seiten umfassenden
YOUNGSTERS-Magazin, das kostenlos in Jugendzentren und
Schulen verteilt wird.
Ob ein Besuch imNaturkundemuseum oder in der Eismanu-
faktur, bei der Polizei oder in der Radiologie des Dortmunder
Klinikums – die Reporter haben schon viele Einblicke be-
kommen. Manche hinterlassen einen bleibenden Eindruck.
„Nach den Dreharbeiten in der Klinik stand zumBeispiel für
eine unserer Reporterinnen fest, dass sie einmal Ärztin werden
möchte“, sagt Volker Pohlüke. „Wenn die Kinder sehen,
welche Möglichkeiten es gibt und was man dafür tun muss,
ist das eine ganz wichtige Erfahrung für sie. Und für uns ein
Erfolgserlebnis.“
Auch für Abdullah ist die Frage nach dem Traumberuf längst
geklärt: „Ich möchte mal Pilot werden.“ Er überlegt kurz. „Und
wenn das nicht klappt – dann Stadionsprecher!“ Der „Job“ als
YOUNGSTERS-Reporter sei da eine gute Vorbereitung. „Nur,
dass man als Stadionsprecher mit seinemMikrofon nicht vor
einemMenschen steht, sondern vor 80.000!“
Die Türöffner vomBorsigplatz
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