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Und sie suchen Parallelen. 1997 zum Beispiel wurde der FC Bay-
ern München Deutscher Meister, der VfB Stuttgart stand im Pokal-
finale, Hertha BSC stieg in die Bundesliga auf, Manchester und
Turin holten in den anderen großen Ligen den Titel. Champions-
League-Sieger aber wurde ... Borussia Dortmund.
Jürgen Klopp darf man mit solch kruden Ideen gar nicht kom-
men. Statistiken steht der Fußballlehrer sehr kritisch gegenüber –
es sei denn, sie lassen sich zu Motivationszwecken einsetzen.
Es ist der letzte Tag im August 2012. Die Sonne brennt. Und
Klopp hat einen Auftrag. Tags zuvor war seine Mannschaft in die
apostrophierte „Todesgruppe“ mit den amtierenden Meistern aus
Spanien (Real Madrid), England (Manchester City) und Holland
(Ajax Amsterdam) gelost worden. Ein aussichtsloses Unterfangen?
Nicht für den Cheftrainer. Sein Auftrag lautet: Hat es jemals eine
Mannschaft aus Lostopf vier kommend bis ins Halbfinale der UEFA
Champions League geschafft?
Fündig wird man in der Saison 2003/2004. Die Association
Sportive de Monaco Football Club, kurz und besser bekannt als
AS Monaco, ist tatsächlich die einzige Mannschaft, der dies in die-
sem Jahrtausend gelungen ist. Und für Monaco war im Halbfinale
noch nicht Schluss...
BVB bestreitet nächsten Samstag sein fünftes
Endspiel in einem kontinentalen Wettbewerb
Borussia Dortmund setzte sogar noch einen drauf. Blieb in den
ersten elf Champions-League-Spielen ohne Niederlage. „Mein
Gott“, meinte Jürgen Klopp, als er nach den nervenzerrenden 98
gespielten Minuten im Halbfinal-Rückspiel in Madrid in die Um-
kleidekabine zurückkehrte, wo nur noch seine Co-Trainer Zeljko
Buvac und Piet Krawietz warteten, „wäre es cool gewesen, wenn
wir ungeschlagen ins Finale gekommen wären…“
London freut sich aber auch so diebisch auf den Favoriten-
schreck aus Dortmund. „Fußball kommt nach Hause“, titelten eng-
lische Zeitungen – und eine der renommiertesten von ihnen, die
Times
, bemerkte: „Jetzt fragen wir uns, ob dieses kühne, aufregende
Team Champion von Europa werden kann? Sie werden ein extrem
beliebter Finalist sein – so frech wie sie spielen.“
Wembley wird schwarzgelb. Es fällt nicht schwer, sich vorzustel-
len, dass neben den 25.000 Dortmundern auch viele der 30.000
„neutralen“ Besucher auf Seiten des Außenseiters stehen. So wie
1989 in Berlin. Oder 2008 und zuletzt 2012.
Borussia will sich tragen lassen – von der Euphorie im Umfeld,
vom Adrenalin, das in den Adern pulsiert. „Wembley“,
sagt Klopp, „wird einer der
größten Momente in unse-
rem Leben. Wir werden
uns nicht zufrieden ge-
ben, Finalist zu sein.
Jetzt wollen wir auch
den Cup gewinnen.“
(Boris Rupert)
Das Wembley Stadion bei Nacht
34. Spieltag | BVB |
9
Königsklasse