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| BVB | 34. Spieltag
Anders als Del Piero brauchte der Dortmunder Youngster gerade
mal acht Sekunden, um seinen legendären, später zum „Tor des
Jahres“ gewählten Treffer zu markieren: Mit einem herrlichen Pass
war er von Andreas Möller in Richtung Juve-Strafraum geschickt
worden, die Italiener waren aufgerückt, Keeper Peruzzi wurde an
der 16-Meter-Markierung von dem plötzlichen Vorstoß überrascht:
„Lupfen! Lupfen!“, brüllte TV-Kommentator Marcel Reif in die
Wohnzimmer der über 15 Millionen Fernsehzuschauer in Deutsch-
land. Das fand Ricken auch. Seine wunderschöne Bogenlampe erin-
nerte die Älteren an Libudas Kunstschuss im Europacup-Finale
1966. Ein Treffer, mindestens so schön und ebenso entscheidend
wie das Siegtor im Finale von Glasgow. Marcel Reif rang um Fas-
sung: „Die Gebrüder Grimm drehen sich im Grabe um. Es gibt Mär-
chen, die gibt’s gar nicht.“
Die Hochstimmung der 30.000 BVB-Anhänger war perfekt, als
kurz vor Schluss auch der lauthals geforderte Michael Zorc für
Andreas Möller den Rasen betrat. Im Finale hatte ihn Abwehrchef
Matthias Sammer als Kapitän vertreten, was bei der anschließen-
den Siegerehrung für eine kurze Verzögerung sorgte. Zwar wurde
Zorc von der Mannschaft gedrängt, den Champions-League-Pokal
entgegen zu nehmen, doch der BVB-Rekordspieler zierte sich, bis er
von seinem Stellvertreter in typischer Manier mit den Worten
„Mach voran und geh endlich nach oben“ als Erster auf das Sieger-
podest entsandt wurde.
(Martin Baumeister)
Juve demonstrierte Selbstbewusstsein, ließ Ball und Borussen lau-
fen. In die starke Phase der Italiener hinein erfüllte sich in der 29.
Minute Teil eins der seltsamen Vorahnung des Karlheinz Riedle. Der
Allgäuer hatte in der Nacht zuvor einen Traum gehabt: „Da habe ich
ein Tor mit links und eins mit dem Kopf gemacht.“
Nach Lamberts Hereingabe war der BVB-Stürmer zur Stelle und
brachte den Ball traumgerecht mit dem linken Fuß in Peruzzis
Gehäuse unter. Im elften Spiel der Champions League 1996/97 war
der BVB zum elften Mal in Führung gegangen.
Teil zwei des Riedle-Traumes mussten die geschockten Turiner
nur fünf Minuten später erleben, als der Final-Held, der sich wäh-
rend der ersten Halbzeit einen Zeh brach, eine Möller-Ecke im Juve-
Tor versenkte. Unnötig zu erwähnen – natürlich per Kopf. Der
Vorsprung war Balsam für die Nerven, aber alles andere als eine
Sicherheitsgarantie: Bis zur Halbzeit traf Zidane den Pfosten, und
ein Tor von Christian Vieri wurde wegen Handspiels nicht gegeben.
Nach der Pause brachte Juve-Trainer Lippi mit Alessandro Del
Piero den dritten Stürmer. Der benötigte keine acht Minuten, um
den Ball per Hacke über die Dortmunder Torlinie zu befördern – die
spannendste Phase des Finales hatte begonnen. Trainer Hitzfeld
reagierte und brachte in der 70. Minute Lars Ricken für den er-
schöpften Stéphane Chapuisat.
(Fotos: firo, K-werk-Archiv)
Mit dem Pott unter die Dusche: Jürgen Kohler.
Das Jubelfoto nach dem Spiel: Diese Elf ist in die Geschichte eingegangen.
Hunderttausende feierten die Könige Europas.
FINALE 1997
Königsklasse